Yoga hilft nicht
Hi, ich finde dein Blog sehr gut. Ich muss sagen, dass ich nicht so ein Erfolg hatte mit Yoga. XYZ hat mir mehr geholfen…
… so lese ich heute in einem Kommentar von Jafeth.
Da liegt ein grundsätzliches Missverständnis vor. Selbstmanagement- und viele andere Methoden haben ein Ziel im Sinne eines unmittelbaren Erfolges bei Problem XY. Yoga ist ein Weg mit einem spirituellen Ziel, nämlich dem, in die Ruhe (wobei dieses Wort „Ruhe“ hier nicht näher geklärt werden soll) zu kommen. Dieses Ziel ist übergeordnet und das Streben dahin endet eigentlich nicht bzw. ist erst mit der eigenen Existenz zuende. Es gibt keinen Erfolg im Sinnes eines definierten Endpunktes. Yoga ist nicht zuende, wenn man ein aktuelles Problem gelöst hat.
Das heißt nicht, dass Yoga keine Antworten und Hilfen bei konkreten Problemen hätte. Yoga strebt sogar an Hindernisse und Probleme aus dem Weg zu Räumen. Mit ein paar dieser Hindernisse haben ich mich in diesem Blog z.B. hier beschäftigt.
Ich höre immer wieder diese oder jeden Methode hat mir nicht geholfen. Das ist nicht nur im Yoga so.
Ich glaube, dass es viele hilfreiche Methoden gibt. Nicht alle sind für alle Menschen geeignet. Aber wenn man näher anfragt, stellt man oft fest, dass die „durchgefallene“ Methode mal an einem Wochenende oder in einem VHS-Kurs geübt worden ist. Oder noch schlimmer, es ist eine Mogelpackung, wie eine Methode die verspricht, dass man sie in so einem Rahmen tatsächlich perfekt erlernen kann.
Methoden, die so simpel sind, dass man sie „sofort kann“, gibt es leider nicht. Selbst wenn sie simpel zu sein scheinen, so müssen sie ins Leben gebracht werden. Dabei kann ein Kurs ein Einstieg sein, aber letztlich muß man jede Methode, über einen langen Zeitraum ausüben, bis sich echte Veränderungen einstellen. Alleine die schier unendliche Zahl von Methoden ist schon ein Hinweis darauf, dass es offensichtlich die eine für alle Menschen funktionierende nicht gibt.
Die vielen – ich nenne sie jetzt mal etwas despektierlich – „kleinen Methoden“ sind hilftreich bei „kleinen“ Problemen. Das ist keineswegs abwertend, weil es oft die kleinen Probleme sind, die uns blockieren und wenn Methode und Problem zusammen passen, dann kann man oft wunderbare Ergebnisse erzielen, Blockaden werden gelöst, Last fällt ab und das Leben fließt wieder leichter. Kleine Ursache – große Wirkung stimmt hier häufig.
Die „großen“ Probleme benötigen allerdings oft ein übergeordnetes Ziel und auch umfassendere Systeme mit denen man arbeiten kann. Religionen können solche umfassenden Systeme sein, aber auch Methodensysteme wie Yoga oder Tai Chi.
Die Tage ist mir ein schönes Bild untergekommen.
Das Leben ist ein Berg, der nicht zu übersteigen ist. Es ist uns aber Lebensaufgabe, einen Weg auf die andere Seite des Berges zu finden.
Eine Methode, die uns verspricht zu helfen die andere Seite zu erreichen, gräbt ein Loch in den Berg. Dabei kann man wunderschöne Dinge finden. Edelsteine, Gold, eine erfrischende Wasserader. Andere Methoden führen zu nichts und es gibt nur ein kleines Loch in unserem Lebensberg. Keine Methode ist stark genug die andere Seite zu erreichen. Je mehr Methoden ich ausprobiere … es gibt nur viele Löcher im Berg, aber man erreicht das Ziel nicht.
Die oben genannten „großen“ Methoden bündel die Kräfte. Sie graben nicht nur Löcher, sondern beginnen einen Tunnel zu bauen. Viel Zeit, Kraft und Ausdauer ist nötig. Niemand weiß, wie weit der Weg ist, da der Berg ja nicht übersteigbar ist und man nicht dahinter schauen kann. Auf dem Weg durch den Berg findet man auch Edelsteine, Gold, erfrischende Wasseradern. Aber durch weite Strecken geht es durch taubes Gestein. Aber anders wie die nicht erfolgreichen Versuche der Löcherbuddler gibt die „große“ Methode die Kraft auch die tauben Strecken zu überwinden.
Es geht im Yoga nicht in erster Linie um den kurzfristig erfahrbaren Erfolg. Man muss den Weg nicht mögen und kann sich einen anderen suchen. Aber wenn man einen Weg geht muss man sich dafür entscheiden. Der Yogaweg- wie jeder andere Weg auch – muss konsequent gegangen werden. Sonst bleibt man beim undankbaren und unberechenbaren Löcherbuddeln im Lebensberg, wechselt ständig die Methoden und kommt doch nicht weiter.
Der Weg zum Yoga ist Yoga. Yoga ist Ziel und Weg zugleich. Wenn man das für sich begreift, stellt sich die Frage nach „Erfolg“ nicht mehr.
foto: S. Hofschlaeger, Karin Schmidt / pixelio.de; Irina Efremova / Fotolia.com
Pingback:“Im Alltag leben” - Blog » Abnehmen durch Yoga?
Hallo ihr Lieben. Danke für die Blumen. „Kollateralnutzen“ muss ich mir merken. Eine sehr positive Variante eines im Moment schlecht besetzten Wortes.
Was das Ziel angeht, habe ich mich hier bewusst rausgenommen und den Begriff Ruhe benutzt. Die Vorstellung, dass es sich dabei um einen Zustand handelt, zu dem man wieder zurückkehrt bzw. dass er eigentlich schon immer da ist und nur erkennt werden muss, taucht in vielen Modellen auf. Das ist aber wieder ein ganz neues Fass 🙂
Lg. Bernd
Yoga und andere großen Übungssysteme helfen, wie du ja erwähnst, durchaus auch mal bei diesem oder jenem Problem, quasi als Kollateralnutzen.
Grundsätzlich dienen sie aber dem Ziel, die menschliche Natur (und das entsprechende Leiden an ihr) zu transzendieren und sich in einer Dimension jenseits von Lust und Schmerz, von Gefallen und Nichtgefallen, von Problem und Lösung zu verankern – bzw. zu erkennen, dass wir dort immer schon verankert sind.
Guten Tag Bernd
Das ist ein gut geschriebener Text.
Es ist, wie beim Zen-Weg.
Der Weg ist das Ziehl.
ÜBEN,ÜBEN,ÜBEN, und nochmals ÜBEN,
Es gibt keinen anderen Weg.
Alle wollen Abkürzungen, aber die führen
fast immer in eine Sackgasse.
Ich wünsche noch einen guten Tag.
13.10.2007 zentao