Inneres Berührt-Sein – der Weg zum Herzen im Prasada Yoga
Es ist ein wichtiger Aspekt in der Praxis des Prasada Yoga ist, sich anderen Menschen freundlich zuzuwenden. Die Sutra 1.33, die sich besonders mit diesem Aspekt beschäftigt, ist darum im Prasada Yoga zentral. Aber diese Hinwendung zu anderen kann nur gelingen und zu prasada führen, wenn gleichzeitig auch der „Hintergrund“ stimmt. Man muss in eine Grundstimmung kommen, die sich selber positiv zugewandt ist. Jack Kornfield hat es etwas poetisch als „zulassen, dass das Gefühl der Freundlichkeit unser Leben durchdringt“ formuliert.
Wenn man es ernst meint mit diesem Gefühl von Freundlichkeit sich selber gegenüber, dann besteht die Befürchtung, dass aus diesem inneren Berührt-Sein auch eine Offenheit wird, die verletztlich macht. So erleben ich es jedenfalls häufiger. Menschen trauen sich nicht Gefühle zuzulassen, weil sie schlicht Angst davor haben, verletzt zu werden, sich zu verlieren, keine Kontrolle mehr zu haben oder was auch immer.
Ich bin sehr davon überzeugt, dass es notwendig ist, in Kontakt mit sich selber zu kommen, wenn man Fortschritte machen möchte. Im Yoga gibt es für viele Situationen im Leben einen Vorschlag, was zu tun ist. Im konkreten Fall – Angst vor den eigenen Gefühlen – handelt es sich um ein Hindernis aus dem Yogaweg (Sutra 1.30-1.33), weil eben diese Angst einen Fortschritt behindert. An dieser Stelle empfehlen die Sutra die Konzentration zu üben und in dieser Übung nicht nachzulassen. Ein weiterer Schlüssel liegt darin, dass die Sutren bei Schwierigkeiten empfehlen, über das Gegenteil zu meditieren (Sutra 2.33). Das klingt aber alles noch sehr abstrakt und wenig lebensnah. Aber wird vielleicht klarer, wenn man sich klar macht, dass in der modernen Psychotherapie genau dieses Prinzip angewendet wird. Man nennt es „Reframing“, was meint, dass man versucht eine störende Eigenschaft durch einen anderen Blickwinkeln, durch einen anderen Rahmen betrachtet und in neuem Licht erscheinen lässt(*). Yoga kommt also schon vor 2.000 Jahren zu vergleichbaren Lösungen wie die moderne Psychologie bzw. Psychotherapie.
Was helfen kann die Angst zu überwinden und in einen guten Kontakt zu sich selber zu kommen, ist eine gute Yogapraxis. Und in diesem Fall meine ich eine deutlich körperlich aktive Praxis. Denn auch in der körperlichen Praxis lässt sich eine positive Grundstimmung üben – indem man sie zum Thema der Praxis macht. In der aktiven Praxis werden wie beim Sport durch die Übungen genügend körpereigene „Stimmungsaufheller“ freigesetzt, so dass alleine dadurch dieses Tor zum eigenen Herzen recht gut geschützt. Denn nur wenn man den Blues schiebt, ist man verletzbar – ist die Laune im Hoch, ist man offen für alles in der Welt und kaum angreifbar.
Manches im Yoga erklärt sich schlicht „wissenschaftlich“, obwohl die Wirkung auch spirituell ist. Und diese Sichtweise erklärt auch, warum z.B. Pattabhi Jois, der Begründer von Ashtanga Yoga mit dem immer wieder zitierten Satz „practise, practise and all ist coming“ durchaus recht hat. Wenn man nicht vergisst, das die Yogapraxis eine Richtung, ein Ziel hat, dann sollte man einfach dort beginnen, wo man steht. Also z.B. in der Asanapraxis.
Der Unterschied zur Gymnastik ist, dass man im Yoga nicht in der körperlichen Praxis stehen bleibt. Sie ist hier nur der Helfer. Sie kann eine Ahnung davon vermitteln, wie es ist, wenn man in den Kontakt mit sich selber kommt. Das innerliche Berührt-Sein oder gar den Weg zum Herzen vollständig ebnen kann sie nicht. Aber eine erste Ahnung vermitteln wie es ist.
Und dann kann man weiter daran arbeiten …
(*) vergl. Regina Weise: Mit Yoga Lebensängste bewältigen (pos. 143 Kindle Edition)
Guten Tag,
Vielen Dank für Ihre Erkenntnisse zu teilen. Ich habe einen anderen Punkt zu arbeiten und zu üben.
Mit freundlichen Grüßen,
Amalia
Ich praktiziere seit rund einem Jahr Prasada Yoga und muss sagen, dass mich diese Form auch über die Zeit der Übung hinaus gelassener hat werden lassen. Bei anderen Praktiken hat die beruhigende Wirkung bei mir leider immer recht schnell nachgelassen.