Wozu wir imstande sind – eine yogische Betrachtung des Amoklaufes in Emsdetten

Alltags-BlümchenDer aktuelle Amoklauf in Emsdetten hat mich einmal mehr damit in Berührung gebracht, dass Aggressionen ein Teil von mir sind. Solche als negativ empfundenen Gefühle sind in mir genau so angelegt wie positive Eigenschaften. Im Yoga kann ich lernen mit diesen Eigenschaften umzugehen, indem ich die Gründe für diese Gefühle herausfinde.

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Wenn wir all das täten, wozu wir imstande sind, würden wir uns wahrlich in Erstaunen versetzen.“ Das Zitat von Th. A. Edison war Impuls für den 20.11.2006.

Die Wellnesstipps und hoffentlich inspirierenden Impulse sind – gebe ich gerne zu – vorproduziert. Ich kann aus beruflichen und privaten Gründen hier nicht „durchgehend“ präsent sein. Die kurzen Impulse betrachte ich gewissermaßen als Schlagadern des Blogs von „Im Alltag leben“. Fixpunkte im Tag des Feed- und Bloglesers die mensch – so mensch möchte – als kleinen Anlass zum Innehalten im Tagesfluss nehmen kann.

gewatlUnd so kommt es, dass dieses Zitat an einem Tag erscheint, der durch den Amoklauf in Emsdetten eine traurige und die Nachrichten bestimmende Schlagzeile hatte.

Als ich vor dem Hintergrund dieser Nachricht den Spruch von Edison las, kam in mir ein Unbehagen auf. Denn in uns liegen nicht nur positive Fähigkeiten. Die journalistischen Kommentatoren der Ereignisse von Emsdetten stellen immer die Frage: „Wie konnte das passieren?“ Wie so gut wie immer gibt es dafür verschiedene Möglichkeiten.

Eine davon ist: „Weil diese gewaltsame und aggressive Seite – irgendwo – in jedem von uns vorhanden ist.“ Meist ist uns selbst diese Seite nicht offensichtlich. Sie ist kontrolliert.

Jede Form von Entspannung und Meditation kann uns in einen Zustand führen, in dem wir mit diesem Aspekt in uns in Berührung kommen. Macht man in einem Kurs etwa eine Fantasiereise, kommen in den anschließenden Gesprächsrunden überwiegend „gute“ Bilder ins Gespräch oder Bilder die uns Angst machen. Nur ganz selten berichten Menschen von sich aus, dass sie Agressionen gespürt haben. Das ist nicht im Raster von solchen Übungen. Man möchte hier Blumenwiesen sehen, gute Gefühle spüren. Frieden und innere Ruhe finden. Sich vielleicht auch einmal fallen lassen und Gefühle los lassen. Das in einem auch handfeste Agressionen leben, will man sich dann nicht gerne zugestehen.

Und doch sind diese Agressionen da.

Begibt man sich in einen ruhigen Zustand der einem die Selbstbetrachtung erlaubt, sei es im Yoga, beim Autogenen Training, in der allgemeinen Entspannung oder Meditation wird man aber früher oder später die Erfahrung machen: Die Agression ist in mir. Sie ist ein Teil von mir. Wie Liebe, Angst, Frohsinn, Nachdenklichkeit, Ignoranz, Unwissenheit, Haß

sonnen untergangGeht man in die Quellen des Yoga findet man in den Yogasutren des Patanjali die fünf Kleshas. Das sind die Belastungen oder Leiden, einem an der Verwirklichung des Zieles von Yoga hindern. Das Ziel liest sich bei Patanjali dann als: Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen. Dann ruht der Sehende in seiner Wesensidentität. (Patanjali I, 2/3).

Oder viel einfacher: Ziel von Yoga (und auch von „Entspannung“) ist: Ruhig und mit sich selbst im Reinen zu sein.

Mache ich also in einer entspannten Situation die Erfahrung, dass in mir nicht nur als positiv empfundene Empfindungen vorkommen, sondern auch negative und aggressive, dann komme ich ganz bewußt mit diesen Hindernissen (kleshas) auf dem Weg in die Ruhe in Berührung.

Patanjali empfiehlt in den Yogasutren (II, 10) eigentlich nur: Verfolge die Belastungen zu ihrer eigentlichen Ursache zurück! Wir würden heute wohl eher formulieren: Wenn ich mir der Gründe für meine Hindernisse bewußt werde, kann ich sie überwinden. Dahin komme ich übrigens durch ständiges Üben und Loslassen (Patanjali I, 12).

fotos: S. Hofschlaeger, Romy (reikidelfin) / pixelquelle.de

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