… im Haus der Stille
Nachdem wir dieses Jahr keinen großen Familienurlaub machen können, habe ich mich eine Woche ins Haus der Stille als Einzelgast eingemietet. Es ist schon eine ganz besondere Situation. Es gibt zwar noch eine Gruppe, die hier eine Woche verbringt, die aber auch komplett schweigt. Ich habe zwar kein „Schweige“gelübte abgelegt, es die Situation hier bringt es mit sich, dass ich eben auch den ganzen Tag schweige.
Meine Motivation hier zu sein, ist ziemlich groß. Letztes Jahr hatte es nicht gepasst. Als ich Urlaub hatte, war auch Sommerpause hier im Haus. Dieses Jahr geht es aber endlich.
Schweigen und fast komplett alleine sein. Das ist eine völlig neue Erfahrung für mich. Die Aufgabe der ersten beiden Tage war es überhaupt eine Struktur zu bekommen. Es gibt feste Termine wie Essens- und Gebetszeiten im Haus an die ich mich anschließe. Das hilft mir schon mal einen äußeren Rahmen zu bekommen. Aber den inneren Rahmen, die eigene Struktur, mit der freien Zeit umzugehen, daran arbeite ich noch etwas.
Was ich hier möchte: Den Reset-Knopf drücken! Kein Handy, kein Telefon, keine E-Mail und im Internet die Beschränkung nur auf im Alltag leben aktiv zu schreiben. Das werde ich mir auch die kommenden Tage erlauben, da ich so auch einige Gedanken kanalisieren und in eine Struktur bringen kann. Und es tut gut, wieder hier schreiben zu können. Denn das Bloggen möchen ich wieder regelmäßig aufnehmen. Vor allem das letzte Jahr steckte ich in einer Ausbildung, über die ich nicht bloggen wollte. Da, wo ich jetzte stehe, habe ich weniger Hemmungen 🙂
Also Reset1 – persönliche Yogapraxis
Meine Yogapraxis neu aufstellen! Nach langen Jahren fast rein meditativer Praxis die auch ziemlich bewegungsarm war, merke ich sehr deutlich, dass mein Körper mehr braucht. Vieles ging bislang auch nicht. Ich hatte schwere Bauchdeckenhernien als Operationsfolgen. Im letzten Winter war es so schlimm, dass ich zeitweilig meine Yogakurse absagen musste. Jede Belastung der Bauchdecke machte das Gefühl, als ob meine Eingeweide sich selbstständig machen wollten. Das ging so nicht weiter. Also habe ich mich zu einer Operation entschieden. Das war im Februar … und ich bin wie neu geboren! Es gibt keinerlei ernsthafte Einschränkungen mehr. Nach Abheilung der OP-Wunden etwa seit Ostern kann ich machen, was immer ich will und was mein 50+ Körper von sich aus zulässt. Und es geht unglaublich viel.
In meinem Bücherschrank steht schon seit Jahren einiges über Ashtanga Yoga, Iyengar & Co. Aber das waren eher Bildbände mit Bildern, die man sich gerne ansieht, aber die nicht erreichbar waren. Jetzt beginnen sie zu leben, werden greifbar und bekommen einen Sinn über das ästhetische hinaus.
Und ich bin meiner bisherigen Praxis weiterhin treu und auch dankbar. Treu, weil ich weiter den meditativen Yoga im Kurs unterrichte und ihn praktiziere. Morgens um 7 geht noch kein Kopfstand, da bin ich zufrieden, wenn ich den Arm im Rhythmus des Atems auf- und abbewegen darf. Das werde ich sicher nicht ändern. Und dankbar, weil ich merke, wie viel er mir an Grundstrukturen für körperlich anspruchsvollere Praxis gibt.
Sicher werde ich mir Lehrer suchen müssen, die mir hier Hilfe geben können. Die ersten Schritte habe ich alleine gemacht, aber jetzt komme ich langsam an Stellen, wo ich merke, dass ich Anleitung und Unterstützung von Außen benötige. Nach dieser Auszeit begebe ich mich hier auf die Suche.
Reset 2 – Gewicht und Abnehmen
Seit Anfang dieses Blogs war immer mal wieder Abnehmen ein Thema. Mit der Erneuerung der Yogapraxis scheint sich dieses Thema jetzt auch zu erledigen. Seit Anfang des Jahres habe ich (auch im Hinblick auf die Operation) 13 Kilo abgenommen und nähere mich so langsam einem Normalgewicht. Und habe erstmals das Gefühl, dass ich das auch halten kann.
Intensive körperliche Yogapraxis und Übergwicht gehen nicht zusammen. Ein zu dicker Bauch ist ein Hindernis bei Drehungen, Vorbeugen etc. Das hohe Gwicht stört bei Balancen und macht erhebliche Belastungen in vielen Asana. Intensive Asana-Praxis schließt Übergewicht aus.
Ok, das ist eine Behauptung, die ich vielleicht einfach nur glauben möchte. Ich schließe nicht aus, in einem Jahr wieder hier im Haus der Stille zu sein. Vielleicht wäre das ein Zeitpunkt das dann noch mal zu hinterfragen?
Reset 3 – wie weiter? Persönliche Orientierung
Wie weiter? Yogalehrerausbildung ist durch, Seelsorgeausbildung ist soweit „fertig“. Das alles sollte einmal als Gesamtpaket „Geistliche Begleitung“ werden. Die Ausbildung beeinhaltet in erster Linie viel Selbsterfahrung und Meditation. Und dann? Geistliche Begleitung wird in der Praxis so explizid nicht täglich nachgefragt. Die Menschen mit denen ich arbeite und die mich anfragen haben eine chronische Darmenzündung wenn sie über die Selbsthilfe anfragen, „Schulter“, „Rücken“ oder Stress, wenn sie über die Yogaschiene zu mir kommen. (Natürlich benötigen diese Menschen auch geistliche Begleitung … die kommt aber unter anderen „Etiketten“ daher.)
Ich denke, diesen erklärten Bedürfnissen werde ich eher gerecht, wenn ich ein guter Yogalehrer werde. Dafür brauche ich keine weitere offizielle Ausbildung, sondern eine sinnige Weiterbildung und Fortentwicklung in der eigenen und in der Unterrichtspraxis.
Aber Aus- und Weiterbildung reizt mich weiterhin. Wir leben vom Weitergehen, nicht vom Stehenbleiben. Darum ist Stehenbleiben für mich auch immer ein Rückschritt. Es ist für mich ganz klar, dass ich weiter lernen und mir neue Gebiete erobern möchte. Und alles, was ich bisher gemacht habe, war nie das „Endziel“. Aber ein Baustein was im Rückblick gut in einander verzahnt und ein sinnvolles Ganzes ergibt.
In den letzten Monaten habe ich immer mal wieder über eine Prädikantenausbildung nachgedacht. Nachdem ich darüber auch mit unserem Pfarrer gesprochen hatte, hat er mich gleich zu einer Probepredig genötigt. Es hat mir Spass gemacht und ich habe durchweg gute Resonaz aus der Gemeinde bekommen!
Ein Yogalehrer der auch predigt? Christliche Erlösung und „citta-vritti-nirodha“ … Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen?
Spannend. Ich freue mich im Haus der Ruhe zu sein und die Muße zu haben, mich mit diesen Fragen auseinander zu setzen.
Leider habe ich keinen Cardreader dabei und bekomme die Bilder von der Kamera nicht auf den Rechner. Sonst würde ich gerne ein paar Fotos zeigen.
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