Vor der Meditation – Mein Brennglas
Meditation will den Geist beruhigen, sammeln und auf die Mitte ausrichten – was immer diese Mitte im Einzelnen für jeden Übenden ist.
Aber jeder der schon mal Meditation geübt hat weiß eines ganz sicher. Wenn man sich hinsetzt, die Augen schließt und versucht zu zentrieren passiert vor allem eines. Man wird sich seiner Gedanken und seiner eigenen Befindlichkeiten bewußt. Oder anders und anschaulicher ausgedrückt erlebt man sein Karussell im Kopf.
Persönlich halte ich es für einen Irrtum, wenn man glaubt, das würde im Laufe der Praxis anders. Seit 30 Jahren übe ich meditative Verfahren. Manchmal nicht mal unter dem Namen „Meditation“, aber Hinsetzen, Augenschließen und Ruhe erfahren will (mir) einfach nicht gelingen. Es gibt so gut wie immer diese Karusselphase. Mal kürzer, mal länger, mal will sie in der ganzen Praxis nicht weggehen.
Weil ich diese Phase nicht so einfach überspringen kann, nutze ich sie bewußt. Denn in diesem Karussell sind vor allem die Dinge, die mich gerade besonders beschäftigen. Positive oder negative, bedeutungsvolle oder belangloses, irgend etwas zwischen Besorgungszettel auf dem die Milch fehlt und Entscheidungen für den künftigen Lebensweg. Dem Gedankenkarussel scheint es egal zu sein wie „wichtig“ die Gedanken sind. Das, was gerade „dran“ ist, findet sich mit fast traumhafter Sicherheit im Gedankenkarussel.
Wenn mir bewußt ist, was gerade „dran“ ist kann ich entscheiden was zu tun ist, wenn die eigentliche Übung vorbei ist. Oft mit weitaus größere Klarheit und aus einem gesunden Abstand heraus, der helfen kann die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Es gibt auch Tage, da wirkt das Gedankenkarussel wie eine Lupe. Ein einzelner Gedanke, ein besonders Problem wird besonders deutlich und groß. Da merke ich, dass ich mit diesem Gedanken nicht in die Meditation einsteigen kann. Oft reicht es, diesen Gedanken kurz aufzuschreiben. Dann geht er nicht verloren. Hin und wieder aber bleibt das Problem und aus der Lupe wird ein Brennglas, dass alle Aufmerksamkeit auf genau dieses Problem lenkt. Dann bleibt es während der Sitzung eben im Zentrum. Dann ist vielleicht nicht das Ziel der Meditation erreicht, aber manchmal klärt sich so auch das Problem.
foto: Janine, Claudia Hautumm / pixelio.de
Spitze! Ich finde, das ist ein wichtiger und hilfreicher Gesichtspunkt, der selten formuliert wird, weil die meisten nach etwas STREBEN, was möglichst schnell eintreten soll – irgendwo dort in der Gedankenstille, die sich aber partout nicht einstellen will.
Dabei ist das, was du beschreibst, fürs Hirn die schiere Notwendigkeit, der wir durch ständiges zielorientiertes Dranbleiben an Zielen oder massives „Ablenken“ (=neuer „unterhaltender“ Input) immer weniger Raum geben. Alles, was rein kommt, muss auch verarbeitet – quasi vom Hirn wiedergekäut werden: dies wird vergessen/losgelassen, anderes kommt ins Langzeitgedächtnis, es zeigt sich, was WICHTIGER und was unwichtig ist. Das einfach geschehen lassen, ohne sich einzumischen, ist wahre Erholung!! Irgendwann läuft es dann langsamer, es entstehen „Lücken“ im Gedankenstrom, alles kommt zur Ruhe – wo ich allerdings nie ganz ankomme, denn schon das Bemerken der Lücke ist wieder gedankliche „Action“.
Merci für die freundliche Aufmerksamkeit!
Viele Grüße, Bernd
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Lieber Bernd, ich habe mir erlaubt Deinen Gedanken aufzugreifen. Unter http://gaba-ultramind.blogspot.com/2007/10/meditation-missverstndnisse.html findest Du meinen Beitrag dazu. Alles Liebe, Gaba