Zur Entspannungsfrage
Silke hat die „Entspannungsfrage“ gestellt.
Das ist (k)eine Herausforderung. Schließlich bin ich ja sozusagen Profi. Also ich entspanne …
… hmm. Halt. Kommando zurück. Worum geht es denn eigentlich?
Was ist das denn, diese „Entspannung“?
Zur Ent-Spannung gehört auch die Spannung. Und Spannung scheint etwas zu sein, was wir negativ empfinden. Klar, denn sonst bestünde ja nicht die Notwendigkeit zur Ent-Spannung.
Wenn ich aber über die ersten Beiträge als Reaktion auf die Frage „Wie kommt ihr nach einem stressigen Tag zur Ruhe?“ schaue, dann staue ich doch sehr. Was da an konkreten Ideen zur Entspannung kommt, finde ich aufschlussreich. Fernsehen, Sport, Internetaktivitäten wie Chatten, Einkaufen, telefonieren machen mir jetzt nicht so ganz schnell den Eindruck von tiefer Entspannung. Aber wenn so viele Leute unter aktiver Entspannung Tätigkeiten verstehen, die ihrerseits – jedenfalls nach meinem Verständnis – mit Spannung verbunden sind, dann finde ich es spannend dem einmal nachzugehen.
Für Entspannungstechniken – als Werkzeug z.B. eines Entspannungslehrers – gibt es eine klare Definition. Darunter versteht man erlernbare Techniken, mit denen man negativ empfundene körperliche und emotionale Anspannungen verringern kann. Durch Entspannungstechniken wird erlernt die Empfindlichkeit für Belastungssituationen zu verringern und sie führen zu einen Zustand des Wohlbefindens.
Von den „intuitiven Entspannungstechniken“, wie sie im Zusammenhang mit Silkes Frage genannt werden, unterschiedet sich die „professionelle“ Entspannungstechnik vor allem darin, dass sie erlernbar ist. Wenn ich mich aktiv mit dem Erlernen von solchen Techniken auseinandersetze, dann bedeutet das auch, dass ich reflektieren muss, für welche Spannungen ich welche Techniken einsetze.
Die intuitive Entspannungstechnik reagiert auf den im Laufe eines anstrengenden, spannungsreichen Arbeitstag aufgebauten Stress etwa damit, dass ich mit einem Glas guten Rotwein einen Krimi im Fernsehen anschaue. Das ist absolut in Ordnung und sowohl mit dem guten Rotwein als auch den Krimi kann ich mich sehr anfreunden. Im Privatleben fahren vermutlich die allermeisten Menschen mit solchen intuitiven Entspannungsformen prima.
„Professionell“ – oder viel besser – bewusst eingesetzte Entspannungsmethoden zielen allerdings auch darauf hin, dass man auf Dauer mit Spannungssituationen besser umgehen lernt. Und das passiert in unserem Rotwein/Krimi-Beispiel nicht. Denn die Spannungssituation stressiger Arbeitstag wird nicht angefasst. Es besteht sogar die latente Gefahr, dass aus dem harmlosen und positiv empfundenen Glas Rotwein das neue Problem Alkoholismus entsteht.
Es geht mir nicht darum die intuitiven Entspannungstechniken schlecht zu machen. Sie sind wichtig weil ich sie eben intuitiv so einsetzte, dass es mir jetzt besser geht. Ohne die Geschichten immer großartig zu hinterfragen oder mir Probleme zu machen, wo lange keine sind.
Nicht jede – auch lange nicht jede stressige – Lebenssituation führt zu Problemen, wenn ich versuche sie durch einen guten Krimi oder einen Internetchat auszugleichen. Ein Merkmal eines enspannten Lebens ist z.B. auch, nicht jede Lebenssituation gleich zu problematisieren. Gelassenheit gehört einfach auch dazu. Dolce far niente, das süße Nichtstun, die Fähigkeit einmal Fünfe gerade sein zu lassen sollte man nicht unterschätzen.
Wenn ich allerdings merke, dass ich auf Dauer nicht klar komme und ich trotz meiner intuitiv eingesetzten Entspannungstechniken keinen Ausgleich erreiche, dann ist es an der Zeit sich mit den bewusst eingesetzten Entspannungstechniken auseinander zu setzen.
Zurück zur Frage:
Ich entspanne und praktiziere regelmäßig ein Übungs- und Meditationssystem aus dem Yoga. Das habe ich mir ausgesucht, weil es für mich wichtig ist.
Und trotzdem bleibt auch Platz für die „intuitiven Entspannungstechniken“ incl. Krimi als Buch oder TV, Treffen und gemeinsame Freizeitaktivitäten mit Freunden und Bekannten von Singen bis Boule spielen.
fotos: Dwight Davis / Fotolia.com; norbert leipold; K.M., bearbeitet von Martina Marten / pixelio.de
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dolce farniente … eben 😉
Und danke für den neuen Aspekt in der Betrachtung und das Lüpfen meiner Scheuklappen.
Die Eingangsfrage nach dem WARUM dieser „aktiven“ und in sich wieder spannungsvollen Aktivitäten finde ich spannend! 🙂 Und ich denke, dass dieses Bedürfnis letztlich gar nichts mit ENTSPANNEN WOLLEN zu tun hat, sondern mit frei-sein-wollen von ungeliebten oder in einen zu engen Zeitraster gepressten Tätigkeiten. Die Lust, einfach den spontanen Impulsen zu folgen, ohne an Nützliches (oder auch „Gesundes“) denken zu müssen – einfach da sein eben. Machen wir ja kaum noch.
Bitteschön 🙂
Vielen Dank für den tollen Beitrag! Ich hatte auch einige Zeit QiGong gemacht und werde das wohl auch wieder machen, denn das ist für mich auch eine sehr gute Möglichkeit Entspannung zu finden.