Lust und Frust des Yogalehrers
Wenn man gefragt wird Yoga zu unterrichten ist das meistens hoch willkommen.
Es gibt eine Ausnahme. Ich hatte jetzt die zweite Anfrage eines Fitnesscenter, ob ich nicht dort unterrichten möchte. Klar. Wenn die Termine es hergeben, unterrichte ich auch dort.
Als ich die erste Anfrage dieser Art bekam, war ich noch euphorisch. Im Kurs war dann eine Dame jenseits der 70 mit einem bandagierten Arm, zwei junge Frauen, die Workout machen wollten … und der Rest war irgendwo dazwischen oder völlig desorientiert. Das passte gar nicht zusammen und der Kurs kam nach zwei oder drei Versuchen erwartungsgemäß nicht weiter zustande. Eine Teilnehmerin dieses Ausfluges in die Welt der Fitnesscenter ist jetzt bei mir im normalen Kurs und offenbar ganz zufrieden. Immerhin etwas.
Als eine weitere Anfrage kam, war ich schon etwas skeptisch. Aber die Termine passten. Also warum nicht? Um Werbung brauchte ich mich nicht zu kümmern, sondern einfach nur zum Kurstermin da sein. Einfacher für mich geht es nicht. Beim ersten Termin war dann niemand da. Schade!
Beim zweiten Termin waren dann zwei schon ältere Herrschaften da, die „mal Yoga probieren wollten“. Nun, auf Seniorenyoga war ich angesichts des Umfeldes im Fitnesscenter nicht eingestellt. Improvisiert konnte ich mich dann aber auf die schlechten Knie von Teilnehmer 1 (ca. 80 Jahre alt) einstellen (er bekommt in den nächsten Monaten ohnehin neue), der auch keine Übungen mit Vorbeugen – wegen des Rückens – machen konnte. Ok. Mein Rücken verträgt im Moment auch keine Belastungen. Sein Hinweis auf den gerade überstandenen Herzinfarkt war aber wichtig. Also Vorsicht und erstmal keine Umkehrhaltungen. Schade nur, dass der Herr nicht durch die Nase atmen konnte. Dafür schlief er bei shavasana gleich und lautstark ein.
Das war aber kein unbedingter Nachteil. Denn TNin 2 war zwar auch etwas älter, aber deutlich beweglicher. Dafür aber sehr, sehr schwerhörig. Jetzt bin ich den Umgang mit Schwerhörigen durchaus gewohnt und brülle für gewöhnlich nicht los, sondern bemühe mich um deutliche Aus- und direkte Ansprache. Die Akustik des Raumes ist aber sehr „schwammig“, so dass letztlich dann doch Lautstärke gefragt war.
Den eingeschränkten Möglichkeiten konnte ich durch die einfachen Übungen aus der Regenbogenübung durchaus gerecht werden. Aber es war für mich eine sehr anstrengende Stunde! Dafür war das Feedback und die Nachgespräche um so besser. TN 1 fand seine Schlafstörungen gebührend berücksichtigt. Na – ich habe nicht nach weiteren gesundheitlichen Problemen gefragt. Ich bin sicher, da wäre noch viel zu berücksichtigen gewesen. TNin 2 hat eine schwere Erkrankung gerade überwunden und sucht nach Möglichkeiten zu Entspannen. Die entspannte Bauchatmung hat ihr gut getan.
Schade. Der Kurs wird nicht weiter gehen. Mit beiden TN hätte ich gerne gearbeitet. Im Umfeld eines kommerziellen Fitnesscenter sind zwei Teilnehmer einfach keine tragfähige Grundlage. Schade auch, dass ich mich nicht auf Seniorenyoga einstellen konnte bzw. improvisieren musste. Denn letztlich ist Yoga mit älteren Menschen nicht nur gut möglich, sondern sogar sehr spannend und auch für den Lehrer erfüllend. Wenn man die Möglichkeiten und Fähigkeiten seiner Teilnehmer kennt, kann man schöne und hilfreiche Kurse entwickeln. Aber dazu muss man im Vorfeld mit den Menschen geredet haben – mehr noch als in normalen Kursen. Das ist hier der Situation geschuldet nicht möglich gewesen.
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